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Online-Kondolenzbuch für Hermann Bausinger

Trauer um Prof. em. Dr. Hermann Bausinger (1926-2021)

Das Ludwig-Uhland-Institut trauert um Hermann Bausinger. Er hat das Fach Volkskunde im deutschsprachigen Raum entschieden modernisiert, dem Ludwig-Uhland-Institut mit Empirischer Kulturwissenschaft einen neuen Namen und damit ein zukunftsträchtiges Programm gegeben und war an der Universität Tübingen mit seinem wissenschaftlichen Werk ein international ausgesprochen renommierter, mit seinem Land aber gleichzeitig tief verbundener Gelehrter.  Von 1967 bis 1983 war Bausinger Herausgeber der Zeitschrift für Volkskunde und von 1978 bis 1987 Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft.

Hermann Bausinger (* 17.09.1926) hat ab 1947 Germanistik, Geschichte und Volkskunde in Tübingen studiert und 1952 mit einer Arbeit über „Lebendiges Erzählen. Studien über das Leben volkstümlichen Erzählgutes auf Grund der Untersuchungen im nordöstlichen Württemberg“ promoviert. Mit seiner Analyse der „Volkskultur in der technischen Welt“ wurde er 1959 habilitiert und bereits 1960 als Professor für Volkskunde an die Eberhard Karls Universität berufen. Dort trat er – zusammen mit einem begabten Schülerkreis – mit Nachdruck für eine programmatische Neuorientierung des Faches ein, das ab 1971 in Tübingen in Empirische Kulturwissenschaft umbenannt und in der Folge zu einem hochattraktiven Zentrum innovativer Forschung und Lehre wurde. Dessen Direktor war Bausinger bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1992.

Hermann Bausinger (* 17.09.1926) hat ab 1947 Germanistik, Geschichte und Volkskunde in Tübingen studiert und 1952 mit einer Arbeit über „Lebendiges Erzählen. Studien über das Leben volkstümlichen Erzählgutes auf Grund der Untersuchungen im nordöstlichen Württemberg“ promoviert. Mit seiner Analyse der „Volkskultur in der technischen Welt“ wurde er 1959 habilitiert und bereits 1960 als Professor für Volkskunde an die Eberhard Karls Universität berufen. Dort trat er – zusammen mit einem begabten Schülerkreis – mit Nachdruck für eine programmatische Neuorientierung des Faches ein, das ab 1971 in Tübingen in Empirische Kulturwissenschaft umbenannt und in der Folge zu einem hochattraktiven Zentrum innovativer Forschung und Lehre wurde. Dessen Direktor war Bausinger bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1992.

Hermann Bausinger hat mit seinen kulturwissenschaftlichen Publikationen das Fach Volkskunde verändert, mit ihnen aber auch eine interdisziplinäre Leserschaft in der Bundesrepublik und mit Übersetzungen in vielen Sprachen weit darüber hinaus erreicht und geprägt. Seine wegweisenden Forschungen hat er in schneller Folge und hoher Auflage veröffentlicht. Zu nennen sind an dieser Stelle exemplarisch nur der 1959 publizierte, dezidiert die Gegenwart ins Visier nehmende Band „Neue Siedlungen“, der 1968 erschienene Überblick zu den „Formen der Volkspoesie“, das schnell zum Klassiker aller Facheinführungen gewordene Buch „Volkskunde. Von der Altertumsforschung zur Kulturanalyse“ und zuletzt im Jahr 2000 das zur Diskussion des vereinten Deutschlands einladende Paperback „Typisch deutsch. Wie deutsch sind die Deutschen?“.

In dieser Zeit ist Hermann Bausinger aber längst zu seinen landeskundlich-literaturwissenschaftlichen Wurzeln zurückgekehrt, hat sich mit „Badenern und Württembergern“ (2002), mit „Berühmten und Obskuren“ (2007), mit „Seelsorgern und Leibsorgern“ (2012) beschäftigt und 2016 eine umfangreiche „Schwäbische Literaturgeschichte“ veröffentlicht. Zusammen mit Landtagspräsidentin Muhterem Aras hat er 2019 zudem die Frage beantwortet, ob denn Heimat nicht eigentlich „weg“ könne.

Im Druck befindlich ist gerade das Buch „Vom Erzählen. Poesie des Alltags“. Dessen Erscheinen hat Hermann Bausinger nun nicht mehr erleben können. Dafür aber hat er mit Engagement und Freude am Institutsjubiläum „50 Jahre Empirische Kulturwissenschaft Tübingen“ teilgenommen. In dessen Rahmen ist gemeinsam mit ihm ein Film-Interview zu seinen Erinnerungen an die Umbenennung entstanden. Im Ausstellungskatalog hat er unter dem Titel „Wege zur EKW, Wege der EKW“ dazu noch einmal ausführlich Stellung bezogen. Zuletzt wurde mit ihm am Ludwig-Uhland-Institut per zoom sein 95. Geburtstag gefeiert.  Am Mittwoch, 24.11., ist Hermann Bausinger nach kurzer Krankheit in Reutlingen verstorben.

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32 Einträge
Martin Ulmer Martin Ulmer schrieb am Dezember 26, 2021 um 1:07 pm
Hermann Bausinger erlebte ich in der Studienzeit der 1980er Jahren als sehr offenen und neugierigen Forscher und Gelehrten, der das LUI im kreativ-wissenschaftlich-familiären Geist zusammen mit den anderen Lehrenden Utz Jeggle, Wolfgang Kaschuba, Christel Köhle-Hezinger, Gottfried Korff und Bernd Jürgen Warneken führte. Am meisten haben mich aus dem großen wissenschaftlichen Ouvre seine mentalitäts- und kulturhistorischen Studien beeindruckt, z.B. über die Schwaben im 19. und 20. Jahrhundert und über die Deutschen. Oft mit einem Augenzwinkern haben seine Beobachtungen und Interpretationen stets ins Schwarze getroffen. Auch nach Jahrzehnten bleiben seine Werke erfrischend lesenswert. Herzlichen Dank an den großen Gelehrten.
Bernd Jürgen Warneken Bernd Jürgen Warneken schrieb am Dezember 20, 2021 um 11:11 am
In dem Nachruf von Josef-Otto Freudenreich auf Hermann Bausinger, den
die KONTEXT: Wochenzeitung am 4. Dezember 2021 veröffentlichte, heißt es über den einst als „Tarzan-Professor“ Bezeichneten: „Wer sich so behende an der Liane durch den akademischen Dschungel schwingt, ist auch von 68ern nicht zu erschrecken. Es heißt, er habe seine schützende Hand über sie gehalten, wie etwa über Bernd Jürgen Warneken, der (…) einen Job am Bausinger-Institut gekriegt hat, nachdem er sich über Flipper-Automaten qualifiziert hatte“. Zu dieser (ziemlich wahren) Flipper-Story passt „schützen“ weniger als „unterstützen“, aber zur Geschichte meiner Einstellung als Assistent passt es dann doch. Damals, 1975, trieb der Radikalenerlass sein Unwesen, und Bausinger befürchtete, dass es auch mich als dezidiert Linken erwischen könnte. Deshalb griff er zu einem Trick: Er stellte mich nicht sofort als Assistent, sondern erst einmal als geprüfte Hilfskraft ein, da seines Wissens an Hilfskräfte weniger strenge politische Kriterien angelegt wurden. Bald darauf wurde ich verbeamtet. Bausingers schützende Hand wurde für mich in der Folgezeit zur verlässlich helfenden und schließlich zur freundschaftlich ausgestreckten Hand. Ich drücke sie durch die uns nun trennende Wand hindurch mit großer Dankbarkeit.
Luca Renzi u. Silke Richter Luca Renzi u. Silke Richter schrieb am Dezember 18, 2021 um 11:03 am
Wir trauern um den Freund und Gelehrten Hermann Bausinger und sind der Familie und dem Institut sehr nah.
Claudia Bosch, Southern CT State University Claudia Bosch, Southern CT State University schrieb am Dezember 16, 2021 um 6:10 pm
Ein ganz großer ist von uns gegangen. Einer, der zuhörte. Genau zuhörte. Wenn wir in der Runde am großen Tisch im Mayerhöfle zusammensaßen, da war er ganz Ohr. Ich wunderte mich manchmal, welche der studentischen Anekdoten im nächsten Forschungsprojekt landen würden. Denn vor dem Erzählen, Analysieren und Publizieren steht das Zuhören, das er alles so meisterhaft verstand.

Seiner Familie und dem Lui sende ich meine herzliche Anteilnahme
Dr. Gerhard Schweizer / Wien Dr. Gerhard Schweizer / Wien schrieb am Dezember 16, 2021 um 2:20 pm
Der Begriff "Volkskunde" erschien mir ideologisch verdächtig, als ich 1960 in Tübingen zu studieren begann. Mein Hauptfach war Germanistik, meine Nebenfächer Geschichte und Politik. Aber nur drei Jahre später "konvertierte" ich vom Hauptfach Germanistik zur Volkskunde. Wie das? Freunde hatten mich auf die Vorlesungen und Seminare des Professors Hermann Bausinger hingewiesen. Sehr bald war ich fasziniert von der kultursoziologischen Perspektive der Volkskunde, vor allem aber von der Persönlichkeit Hermann Bausingers. Er hatte zu seinen Studenten einen sehr persönlichen Zugang mit seiner Warmherzigkeit und seinem Humor, was ihn von vielen anderen Professoren unterschied. Und bei ihm lernte ich eine neue Dimension von "Heimat", "Volk" und "Kultur" kennen: neben der "Hochkultur" die "Volkskultur", neben der "Literatur" die "Trivialliteratur" ... usw. Für mich als Germanist erschien es anfangs undenkbar, kitschige Heimatromane oder James-Bond-Filme ebenfalls wissenschaftlich zu analysieren. Aber ich habe dann im Fach Volkskunde meine Magisterarbeit zum Thema Blut-und-Bodenroman geschrieben und später dann zum selben Thema bei Bausinger im Fach Empirische Kulturwissenschaft promoviert.
In den 1960er-Jahren hatte ich ein Problem damit, mich als "Volkskundler" zu bezeichnen, wo doch schon damals die Seminare bei Professor Bausinger eine große Distanz zu den traditionellen Lehrinhalten der Volkskunde signalisierten. Dass dann Bausinger das Fach Volkskunde in Empirische Kulturwissenschaft umbenannte und für die Volkskunde des gesamten deutschen Sprachraums eine neue Orientierung einleitete, beeindruckte mich stark. Ich habe mit Professor Bausinger noch weitere Jahrzehnte Kontakt gehabt, unsere Wege haben sich immer wieder gekreuzt. Und mir wurde bewusst, wie sehr ich in meiner beruflichen Laufbahn von seiner Methodik geprägt bin, "Kultur" soziologisch zu betrachten.
Seit den 1960er-Jahren bin ich viel in islamischen, indischen sowie fernöstlichen Kulturräumen unterwegs. Ich habe zahlreiche Bücher über meine Begegnungen mit diesen fremden Kulturen verfasst. Aber sehr hilfreich war für mich, dass ich mich beim Vergleich zwischen den westlichen und den fremden Kulturen an der Methodik von Bausinger orientieren konnte: Ich begann zu fragen, in welcher Form Türken, Araber, Iraner, Inder, Chinesen, Japaner u.a. "Heimat", "Volk", "Kultur" verstehen - und stellte fest, dass ihre Vorstellungen ebenso fließend und historisch wandelbar sind wie bei uns in Europa. Auch stilistisch habe ich von Bausinger gelernt: komplizierte Sachverhalte stets mit prägnanten Schilderungen des Alltags zu verbinden.
Hermann Bausinger wird für mich in Erinnerung bleiben, weil er mich durch seine Mitmenschlichkeit und durch seinen weiten wissenschaftlichen Horizont beeindruckt hat.